Annandale: historischer Rundgang durch die Brennerei

Um 1885 besucht Alfred Barnard die Brennerei Annandale in den schottischen Lowlands. Seine Beschreibung gibt uns heute eine recht gute Vorstellung davon, wie eine Brennerei damals aufgebaut war.


Die Brennerei Annandale hatte ich euch ja schon in einem anderen Beitrag vorgestellt. Die Anlage wurde vor einigen Jahren aufwändig restauriert und ist inzwischen historisch recht gut dokumentiert.

Zur Brennerei von Annandale gibt es auch eine sehr schöne moderne Grafik, die auf der Basis der derzeitigen Forschungsergebnisse beruht.

Zusammen mit dem Text von Alfred Barnard, der die Brennerei etwa 1885 besuchte und beschrieb, ergibt sich so ein sehr anschauliches Bild, wie die Annandale Distillery um die Jahrhundertwende ausgesehen haben mag.

Die Grafik gibt dabei den Zustand von ca. 1900 wieder. Zu Barnards Zeiten gab es das Pagoda-Dach auf dem Kiln noch nicht, und das Wasserrad an der Fußbrücke über den Bach bestand noch.

Die Brenerei hatte zwei Mühlräder, eins bei der Mühle und eins bei der Fußgängerbrücke vor dem Brennhaus. Den Middlebie Burn, den Barnard erwähnt, habe ich auf alten Karten nicht identifizieren können.




Hier der Text von Barnard (veröffentlicht 1887):


"Die Brennerei ist malerisch von Bäumen umgeben nicht weit vom Annan entfernt gelegen. Die soliden Gebäude ordnen sich um einen kleinen Innenhof an, der durch ein Paar Schiebetore zugänglich ist. 

Das zum Einmaischen benötigte Wasser entstammt dem Middleby Burn, der hoch in den Hügeln den Gemeindegrund von Annan durchfließt. Zum Antrieb des Turbinenrades etc. dient hingegen der rasch fließende Bach oberhalb der Brennerei.(...)

Herr Gardner bot sich selbst als Führer an und zeigte uns zunächst die Landwirtschaft, die hinter der Brennerei auf einer Anhöhe gelegen ist. 

Diese ist beispielhaft geführt, mit Kuh- und Schweineställen und Stallung, die einen quadratischen Hof einfassen. Wir zählten mehr als 20 herrliche Rinder, die schon bald zum Schlachter transportiert werden sollten, und eine große Anzahl Schweine, die von den Brennereiabfällen ernährt werden. 
Außerdem sahen wir ausgezeichnete Stallungen für Pferde, eine Kutsche, die Sattelkammer, etc. 

Auf dem Hügel oberhalb der Brennerei wurde uns zunächst die Mälzerei (Maltings) gezeigt. Die massiven Steingebäude dienen der Lagerung von Gerste und sind mit zwei Mälzböden mit Weichbottich ausgestattet.

Mittels eines Aufzuges gelangt das Malz auf den Darrboden (Kiln) neben der Mälzerei, der mit Drahtgewebe ausgelegt ist und mit Torf beheizt wird. 

Sodann erklommen wir eine Treppe zum obersten Boden des angrenzenden Gebäudes, auf  welchem die Mühle mit einem Paar Walzen eingerichtet ist. 

Darunter befindet sich das Schrotlager (grist loft), das etwa fünf Fuß oberhalb des Maischbottichs im angrenzenden Gebäude liegt. 

Auf dem Weg zum Sudhauskamen wir an zwei kupfernen Heizkesseln mit offenen Öfen vorbei, die in Richtung des Hofes weisen. 

Über eine hölzerne Rutsche gelangt das Schrot in den 3.200 Gallonen fassenden, runden eisernen Maischbottich (Mash Tun). Das Gebäude selbst ist geräumig, gut beleuchtet und von gehobener Bauart. Die Würze rinnt aus dem Bottich und wird in den Worts Receiver gepumpt. Wie üblich ist die Underback am unteren Punkt des Gebäudes zu finden. 

Die eigentliche Brennerei ist ein großes Gebäude, das auf drei Terrassenstufen am Hang angelegt ist, und alles unter einem Dach vereint. Die oberste Stufe ist den Gärbottichen (Washbacks) gewidmet - insgesamt vier neue Behälter, die jeweils 3.600 Gallonen fassen, dann folgt auf der darunter leigenden Stufe der ausgezeichnete, 2.800 Gallonen fassende Wash Charger, verschiedene Receiver etc. 

Die Brennblasen (Pot Stills) alter Machart sind auf der untersten Stufe aufgebaut.  Dort ist auch der Spirit Safe aufgestellt, wobei der einströmende, flüssige Alkohol in einem Glaskasten unter Verschluss der Steuerbeamten steht. Unter bestimmten Umständen können dort Proben entnommen werden. Durch den Safe fließt der Brand zu den Receivern im Brennhaus und wird von dort aus zum Auffangbecken (spirit vat) im Feinbrandlager (Spirit Store) gepumpt.   

Außerhalb des Brenngebäudes bemerkten wir drei altmodische Kühlbecken (Worm Tubs) und angrenzend an besagtes Gebäude einen Maschinenraum, der mit einem beachtlichen, kleinen 12-PS-Motor ausgestattet ist, der bei Bedarf zusätzlich zur Wasserkraft eingesetzt wird.

 Auf der gegenüberliegenden Flussseite liegen zwei Zolllager. Jährlich werden 28.000 Gallonen reinen Malt Whiskys produziert. 



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