Lost Distilleries of Crieff: Die Whisky-Mühle von Monievaird



Die Region am Turret River bietet heutzutage die Möglichkeit zu ausgedehnen Spaziergängen durch einsame Täler und über friedvolle Hügelkuppen. Doch es war hier nicht immer so ruhig. Vor mehr als 200 Jahren lag hier ein Hot-Spot der Wirtschaftsentwicklung und Whisky-Produktion. Ein Spaziergang am Turret beschert mir ungeahnte Erkenntnisse. 

Loch Turret.

Glenturret ist uns vor allem durch den Whisky der gleichnamigen Brennerei am Turret-River bekannt. Heutzutage ist sie die einzige Destillerie in der Region. Doch im Laufe der Geschichte befanden sich mehrere Brennereien im Turret-Tal, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind.

Das Turret-Tal gehört für mich zu einer der interessantesten Regionen der Whisky-Geschichte, denn hier wurde schon sehr früh Whisky gebrannt. Alte Dokumente, die erst kürzlich entdeckt wurden, belegen, dass hier schon zu Beginn der 1760er Jahre eine Brennerei stand.

Diese frühen Brennereien brauchten neben Gerste und Wasser vor allem eines: Energie. Und die fanden sie am Turret-River im Überfluss. Bisher ist nur sehr wenig darüber bekann, wie diese frühen Brennereien aussahen und wie sie funktioniert haben. Doch am Oberlauf des Turret River kann man heute noch Spuren finden, die Aufschluß über die Whisky-Produktion der damaligen Zeit geben.


Um mehr über diese Frühphase der schottischen Whisky-Produktion zu erfahren, bin ich im vergangenen Frühjahr zusammen mit Jens Fahr entland des Turret gewandert. Unser Ziel: die Milltown of Monievaird. Hier stand 1808 die Brennerei von William Gould, deren Überreste wir suchen wollen.



Heutzutage geht es im Turret-Tal zwischen der Glenturret Distillery und Loch Turret ruhig und beschaulich zu.  Nichts deutet darauf hin, dass dieses malerische Fleckchen Erde einstmals ein Hotspot der frühen Industrialisierung gewesen ist.

Unser Weg führt uns zunächst durch den alten, ehemaligen Park der Herren von Ochtertyre. Heute ist der Park verwildert und erinnert eher an einen Wald. Nur die riesigen, wildwachsenden Rhododendron-Büsche verraten, dass hier einstmals vornehme Damen und Herren lustwandelten.


Karte 1863

Nach einer Weile verlassen wir den alten Fußweg und kraxeln hangabwärts hinunter zum Fluss. Einst schlängelte sich hier ein kleiner Fußweg entlang, der jedoch inzwischen unter einer dicken Laubschicht verschwunden ist.

Die Anstrengung hat sich gelohnt, denn eine natürliche Brücke aus Felsengestein, die von Gräsern und Moosen überwittert ist, führt uns unvermittelt zu den gut versteckten Wasser-Fällen des Turret-Flusses, die sich aus großer Höhe in einen glasklaren, kleinen Bergsee stürzen. 

Nicht weit davon entfernt, gegenüber von Greenend, befand sich die Milntown of Monievaird, die mit 34 Acres eine beachtliche Größe hatte. Auf dem Anwesen befand sich seit längerer Zeit eine Mehl-Mühle, und um 1800 wurde ein neues Wohnhaus errichtet.

Just im gleichen Jahr wurde wegen wiederholt schlechter Ernten ein Brennverbot für Getreide verhängt. Als zwei Jahre später die Whisky-Produktion wieder erlaubt wurde, rüstete der Pächter William Gould die Mehl-Mühle zu einer Brennerei um.  Auf der gegenüberliegenden Seite, in Greenend, betrieb Gould noch eine Walkmühle in der Nähe eines Wasserfalls.

Doch schon 1808 wurde die Brennerei-Mühle erneut zur Pacht angeboten. Das abermalige Brennverbot von 1809 bis 1811 hat danach ihr Schicksal besiegelt, für Mühle und Brennerei ließ sich kein neuer Pächter mehr finden, die Gebäude verfielen in den folgenden Jahrzehnten.

In der Karte von 1863 ist die Brennerei samt Wohnhaus und Mühle spurlos verschwunden. Nur die ehemalige Mühlenlade zeigt die Stelle, wo sie sich einstmals befunden haben muss.



Als wir die Milltown erreichen, ist von den einstigen Gebäuden zunächst keine Spur zu entdecken. Das Gelände ist von Bäumen und Unterholz überwuchert. Doch dann finden wir sie tatsächlich: die alte Mühlenlade.

Das alte Wehr der Milltown of Monievaird

Noch immer, auch nach über 250 Jahren, sind Wehr und Sluice deutlich zu erkennen. Wir wissen nun, dass wir den richtigen Ort gefunden haben, und folgen suchenden Blickes der Mühlen-Lade flußabwärts.



Diese künstlichen Kanäle, in denen das Flusswasser umgeleitet wurde, waren die Grundvoraussetzung für das Betreiben der Mühle. Bei Hochwasser hat man den Kanal einfach mit einer Art Klappe schließen können. Kaum vorstellbar, dass es in diesem ruhigen, einsamen Waldstück vor zweihundert Jahren  vor Lärm und Aktivitäten nur so gebrummt haben muss.

Die "Sluice" der Milltown of Monievaird ist noch immer am Mühlenkanal erhalten.

Das Gelände ist inzwischen von Bäumen und Unterholz überwuchert. Und dann finden wir tatsächlich die Grundmauern der Milltown of Monievaird. Wir können mehrere Gebäude ausmachen, die in unmittelbarer Nähe zur Mühllade errichtet worden waren.

Eines dieser Gebäude muss auch die Brennerei von William Gould gewesen sein. Als wir dem Mühlenkanal noch ein Stück weiter folgen, erleben wir jedoch eine große Überraschung: die ehemalige Säge-Mühle, die in der Karte von 1863 eingezeichnet ist, steht immer noch! Inzwischen wurde sie jedoch zum Wochenendhaus umgebaut.


Auch die alte Lade ist noch erhalten, wurde jedoch inzwischen still gelegt und endet kurz vor dem Haus. Man kann jedoch noch deutlich erkennen, dass die Mühlen-Lade einstmals unter dem Gebäude hindurch verlief, und das Mühlrad im Inneren des Gebäudes betrieben hat.

Und plötzlich wird mir bewußt: genau so muss auch die Brennerei-Mühle von William Gould  ausgesehen haben. Denn ohne Energie konnte man eine Brennerei auch damals nicht betreiben.



Lage: Milltown of Monievaird, am Oberlauf des Turret, gegenüber von Greenend

Produktion: vermutlich 1803-1808

Besitzer: William Gould, Monievaird


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