Lost Distilleries: Claypots und Wester Milton - Zeugen des Umbruchs und der Krisenjahre - Teil II

Die Geschichte der schottischen Brennereien ist voller Überraschungen. Und so manches Gebäude hat die Zeit bis heute überdauert. So wie die Claypots Distillery, die in späteren Jahrzehnten als "The Alehouse" regionalen Ruf genoß. 


1976

Über die großen Schwierigkeiten, mit denen die schottischen Brennereien zu Beginn des 19. Jahrhunderts kämpfen mussten, hatte ich euch ja schon in meinem letzten Blogeintrag berichtet. Falls ihr erst jetzt dazustoßt, könnt ihr den Bericht [hier] nachlesen.

Die Claypots Distillery am Ortsrand von Caputh, Perthshire, gehört ebenfalls zur Gruppe der Brennereien, die in diesen absoluten Krisenjahren in Betrieb waren. Und Claypots hat nicht nur die Stürme der Zeit überstanden, sondern blieb auch viele Jahrzehnte lang mit der Malz-Produktion verbunden, wie wir noch sehen werden.

Zudem ist sie ein sehr schönes Beispiel für eine Brennerei, die mit relativ wenig Wasser zurecht kommen muss. Claypots liegt nicht, wie die meisten Brennereien, an einem Bach oder Fluss, sondern bezog ihr Wasser aus den Quellen, die sich auf dem Gelände befinden.

Vermutlich wurde Claypots erst 1808 errichtet. Bei Renovierungsarbeiten war jedenfalls im Türsturz diese Jahreszahl zusammen mit den Buchstaben A.B. entdeckt worden. Doch welcher Name verbirgt sich hinter diesen Initialien? 

Eine der großen Schwierigkeiten bei der Recherche nach alten Brennereien liegt darin, die richtigen Personen zu finden. Auch im Falle der Claypots Distillery gibt es hier einige diesbezügliche Unklarheiten.

Claypots wird fälschlicherweise oft mit ANDREW Bullions in Verbindung gebracht, der im Herbst  1813 eine Lizenz erworben hatte, um auf seiner Wester-Milton-Farm brennen zu dürfen. Die Claypots Distillery befand sich jedoch nicht im Besitz von Andrew Bullions, sondern gehörte einem gewissen ALEXANDER Bullions, der hier von 1817-1821 Whisky produzierte.

Um die Sache noch komplizierter zu machen, findet sich in alten Zoll-Unterlagen von 1813 noch eine dritte Person namens Bullions: ALLAN Bullions. Auch er soll von Herbst 1813 bis Herbst 1814 eine Brennlizenz gehabt haben.Waren Andrew, Allan und Alexander verwandt? Waren sie Brüder? Cousins?  Neffen und Onkel? War Allan vielleicht sogar der Vater von Alexander? Hat vielleicht Allan Bullions bereits 1813 in Claypots destilliert?

Die Initialien A.B. könnten also auf  Alexander oder auf Allan Bullions hinweisen. Doch wir wollen uns hier nicht lange mit Spekulationen aufhalten. Wenden wir uns lieber den Fakten zu, die bekannt und belegt sind.


1863
Whisky-Destillation hatte in Caputh durchaus Tradition. 1793 gab es in der Gemeinde zwar keine Brauerei, aber immerhin zwei kleine Brennereien und vier Bierkneipen. Das Brennverbot von 1795-1797 scheint den Brennereien jedoch den Garaus bereitet zu haben, 1798 gab es in Caputh keine Brennerei mehr. Auch in den folgenden Jahren blieb die Situation angespannt; von 1800 bis 1802 herrschte wieder ein Brennverbot.

1808, als das Haus in Claypots errichtet wurde,  war also nicht unbedingt ein gutes Jahr, um mit der Whisky-Produktion zu beginnen. Ein Jahr später war Whisky-Brennen erst recht nicht möglich: von 1809 bis 1811 war das Destillieren von Getreide in ganz Schottland verboten.

Die Lage an einer alten Militär-Route und viel befahrenen Straße eröffnete dem Besitzer jedoch eine andere Möglichkeit: die Errichtung eines Gasthofes und einer Brauerei.

Die Voraussetzungen waren gut: auf dem Gelände befanden sich üppige Wasserquellen, die den wichtigsten Rohstoff für die Bier- und Whiskyproduktion liefern konnten. Denn ohne Wasser geht es nun mal nicht. Die Karte von 1864 weist zudem auch einen großen Garten und eine Obstbaumanlage aus. 

Viele der Gasthöfe damals haben neben Bier auch Whisky auf kleinen Brennblasen hergestellt. Doch die Steuergesetzgebung von 1814 hat den Gastwirten zunächst in die Suppe - oder vielmehr in den Whisky - gespuckt: Plötzlich waren nur noch große Brennblasen mit mindestens 400 Gallonen Fassungsvermögen zugelassen. Zuviel für einen kleinen Gasthof.

1816 änderte sich die Steuergesetzgebung für das Brennwesen erneut: jetzt wurden wieder kleine Brennblasen erlaubt. Alexander Bullions scheint die Gunst der Stunde wahrgenommen zu haben: von November 1817-1821 erwarb er eine Brennlizenz und produziere Whisky in Claypots. Zum Anwesen gehörte mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine Malzscheune mit Getreidelager.

2016

In den Jahren danach verliert sich die Spur von Alexander Bullions, doch die Bierprodukion ging weiter, und das Anwesen wurde ein beliebtes "Alehouse". 1885 wurde die Bierproduktion gesteigert, und die Mälzscheune wurde erweitert.

1920 kam dann das überraschend das Aus: angestachelt vom Geist der amerikanischen Prohibitionsphase und dem Schottischen Temperance Act von 1913 beschloss die Mehrheit der Gemeindemitglieder in einer Abstimmung, das Alehouse zu schließen. Im Ausschank gab es damals ohnehin nur noch Flaschenbier, das in der Calder's Brewery in Alloa produziert wurde.

Die Mälzanlagen wurden in der Folgezeit in Appartments umgewandelt. Heute beherbergt das einstige Brenn- und Brauhaus ein privates Wohnhaus. Geblieben ist lediglich der alte Name: "The Alehouse".




Lage: zwischen Dunkeld und Blairgowrie, am nördlichen Ortsrand von Caputh, Perthshire

gegründet: möglicherweise 1811; nachgewiesen 1817

in Produktion: möglicherweise 1811-1814; nachgewiesen 1817-1821

Besitzer: (1811-1814: Allan Bullions; nicht gesichert); 1817-1821: Alexander Bullions


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